Warum ich dieses Projekt gestartet habe
Vor einer Woche habe ich beschlossen, ein kleines Experiment zu starten: Meine Inbox von etwa 500 ungelesenen/unerledigten E-Mails auf maximal 10 zu reduzieren. Kein magischer Filter, kein Outsourcing an eine virtuelle Assistenz — nur ich, mein Laptop und ein klarer Plan. Warum? Weil die digitale Unordnung mich nervös machte, Entscheidungen bremste und Energie fraß. Außerdem wollte ich wissen, ob man in kurzer Zeit mit einfachen Methoden zu einer wirklich überschaubaren Inbox zurückkehren kann.
Meine Ausgangslage und Regeln
Ein paar Fakten vorneweg: Ich nutze primär Gmail für persönliche und Blog-Mails, ein zweites Konto für Newsletter und ein drittes beruflich. Insgesamt waren auf allen Konten zusammen rund 500 Mails, viele davon älter als drei Monate. Meine Regeln waren bewusst streng:
- Nur eine Woche Zeit.
- Ich öffne nicht jede Mail sofort — nur wenn nötig.
- Alles wird entweder löschen, archivieren, sofort beantworten, in Aufgaben umwandeln oder erledigt mit Termin.
- Keine zusätzlichen Kosten — nur Tools, die ich bereits nutze (Gmail, Todoist, Trello, Spark).
Tag 1: Radikal ausmisten
Der erste Tag war der härteste und auch der produktivste. Ich begann mit einem einfachen Prinzip: Unsubscribe, Unsubscribe, Unsubscribe. Newsletter, die ich seit Monaten nicht geöffnet hatte, wurden sofort abbestellt oder in einen separaten Ordner verschoben. Der Trick: statt jede Newsletter-Mail einzeln zu öffnen, suchte ich nach „unsubscribe“ bzw. nutzte die Massen-Auswahl in Gmail.
So sah mein Ablauf aus:
- Schneller Scan: Alle Mails älter als 6 Monate, keine Labels, Massenmarkierung und Löschen/Archivieren.
- Newsletter und Promo-Mails: sofort abbestellt oder in einen Newsletter-Ordner verschoben.
- Sofort beantwortbare Mails (<5 Minuten): beantwortet und archiviert.
- Länger dauernde Aufgaben: als Aufgabe in Todoist angelegt oder in Trello als Karte eingetragen.
Tag 2–3: Priorisieren und delegieren
Nachdem ich die offensichtlichen Ballast-Mails entfernt hatte, begann die Priorisierung. Ich markierte Mails nach Dringlichkeit: Heute, Diese Woche, Nicht dringend. Das geschah mit Labels und einer einfachen Farbcodierung in Gmail.
Delegieren war ein Schlüssel: Manche E-Mails betrafen Dinge, die ich nicht selbst erledigen musste (z. B. Koordination für Blog-Kollaborationen). Ich leitete diese Mails an Kolleg:innen oder Dienstleister weiter und setzte eine klare Erwartung für Rückmeldung.
Tag 4: Automatisierung und Filters
Manuelle Arbeit allein reicht nicht. Ich richtete Filter ein, die Newsletter, systemgenerierte Benachrichtigungen und automatische Rechnungen direkt in Ordner verschieben oder mit Labels versehen. Zwei Filter, die mir geholfen haben:
- E-Mails von Absendern mit „noreply“ oder „no-reply“ direkt in einen Ordner „Automatisch“ verschieben.
- E-Mails mit bestimmten Keywords (Rechnung, Rechnung #[0-9]) markieren und in „Finanzen“ verschieben.
Außerdem nutzte ich Boomeang (Snooze-Funktion) und die Snooze-Funktion von Gmail, um nicht-drängende Mails automatisch zu einem späteren, konkreten Zeitpunkt wieder in die Inbox zu holen. So blieb die aktuelle Inbox sauber und für Entscheidungen reserviert.
Tag 5: Systematisches Antworten
Ich habe mir für Antworten zwei Regeln gegeben:
- Alles, was in unter 10 Minuten beantwortbar ist, beantworte ich sofort und archiviere.
- Länger dauernde Antworten werden in meinen Kalender oder in Todoist aufgenommen und mit einem festen Zeitfenster versehen.
Für wiederkehrende Antworten (Kooperationsanfragen, Standardinformationen für den Blog) habe ich Textbausteine in Gmail-Vorlagen erstellt. Das sparte enorm Zeit.
Tag 6: Die 2-Minuten-Regel und klare Grenzen
Schon David Allen empfiehlt die 2-Minuten-Regel — ich habe sie strikt angewandt: Kann ich eine Aufgabe in weniger als zwei Minuten erledigen, dann tue ich es sofort. Sonst wird sie als Aufgabe erfasst. Zusätzlich stellte ich feste Zeiten am Tag ein, zu denen ich Mails checke (09:00 und 15:00), statt ständig abgelenkt zu werden.
Das hatte einen Nebeneffekt: meine Schreibroutine verbesserte sich, weil ich längere, ungestörte Zeitblöcke zum Arbeiten hatte.
Tag 7: Feinschliff und neue Gewohnheiten
Am letzten Tag ging es um Feinjustierung und um die Frage: Wie verhindere ich, dass der Posteingang wieder voll läuft? Meine Maßnahmen:
- Tägliche 20-Minuten-Session reservieren, um neue Mails zu verarbeiten.
- Wöchentliche Review-Session (Sonntagabend) für offene Aufgaben und Planung.
- Filter und Labels regelmäßig überprüfen und anpassen.
- Bei neuen Absendern: sofort entscheiden, ob sie ins System passen oder blockiert/abbestellt werden.
Was ich gelernt habe
Ein paar Erkenntnisse, die für mich wertvoll waren:
- Klarheit schafft Handlungskraft: Wenn jede Mail nur eine von wenigen möglichen Aktionen erlaubt, fällt die Entscheidung leichter.
- Automatisieren, aber bewusst: Filter und Snooze sind großartig, doch ich kontrolliere sie regelmäßig, sonst vergraben sie wichtige Nachrichten.
- Die Inbox ist kein To-Do-Board: E-Mails sollten nur temporär dort bleiben; Aufgaben gehören in ein Task-Tool (bei mir: Todoist oder Trello).
- Gewohnheiten sind entscheidend: Nicht einmaliger Aufräumaufwand, sondern tägliche Pflege hält den Zustand.
Ein kleines Cheat-Sheet (meine Shortcuts)
| Aktion | Wann | Tool |
| Löschen/Abbestellen | Beim ersten Scan | Gmail |
| Sofortantwort (≤10 min) | Jeder Check | Gmail-Vorlagen |
| Aufgabe anlegen | Wenn >10 min nötig | Todoist/Trello |
| Snooze | Wenn später relevant | Gmail/Boomeang |
| Filter einrichten | Wöchentlich anpassen | Gmail |
Am Ende der Woche stand ich tatsächlich bei 10 Mails in der Inbox — nicht, weil ich alles ignoriert hätte, sondern weil ich ein System etabliert hatte, das klare Entscheidungen erzwingt. Wenn du willst, kann ich beim nächsten Beitrag mein konkretes Label-System und die genauen Filter-Regeln teilen — inkl. Vorlagen für typische Antworten. Schau gern auf https://www.sachaschmid.ch vorbei, wenn du mehr Inspiration zur Alltagsorganisation suchst.